Ein paar Jahre liegt die letzte Wintertour durch Schweden nun schon zurück. Da juckt es ordentlich unter den Skiern und eines Tages findet man sich mit einer Karte von Lappland am Ofen und plant tatsächlich die Route durch den hohen Norden Schwedens.
Einige Dinge unterscheiden sich von den letzten Touren: Dieses Mal geht es noch nördlicher – eine Winter-Durchquerung des Sarek Nationalparks schwebt uns vor d.h. allein die Tour muss mit 10 Tagen plus zwei weiteren Tagen als Sicherheitspuffer eingeplant werden.
Wir wollen mit dem Zug fahren, denn unser Gepäck wird spektakulär viel sein … Skier, Pulka, unglaublich viel Ausrüstung und Essen um autark fast 2 Wochen in der schwedischen Wildnis zu überleben. Außerdem gefällt uns die Vorstellung uns die Nasen während der Zugfahrt an der Scheibe platt zu drücken um die winterliche Landschaft zu beobachten.
Meine bisherigen Wintertouren in Skandinavien habe ich zusammen mit erfahrenen Schweden unternommen. Bis jetzt konnte ich mich also auf eine reibungslose Navigation und allerhand fundiertes Wissen über Gelände- und harte Winterbedingungen verlassen.
Ende Februar sind wir also auf dem Weg – allerdings nicht ganz so wie geplant. Nicht mit dem Zug, sondern mit dem Flieger landen wir in Luleå. Eine Zugreise hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen, außerdem müssen meiner Meinung nach seitens der Bahn noch viele Hausaufgaben erledigt werden, um ein übersichtliches und einfaches Buchen von Zugverbindungen quer durch Europa attraktiv zu gestalten … aber das ist ein anderes Thema.

Die Kosten für Gepäck, zwei Paar Ski und Pulka mit einem Gewicht jenseits der 90kg sind mit ein bisschen Kreativität überschaubar geblieben.
Auch unser Vorhaben den Sarek zu durchqueren, haben wir sein lassen und uns stattdessen für den Kungsleden von Kvikkjokk nach Saltoluoka entschieden. Auch hier eine zeitliche Frage und später dann auch eine Vernunftentscheidung – und ja, wer mich kennt – ich bin kein Fan von Vernunft, doch selten war ich im Nachhinein so froh darüber, unsere Tour ein bisschen „leichter“ gewählt zu haben.

Also, zwei Mädels auf Ski mit einer großen Expedions-Pulka ziehen los um das unwirtliche Fjäll in Lappland zu erkunden. Schon die erste Stunde lässt uns allerdings an der Unternehmung zweifeln. Mit der Landkarte haben wir uns selbstverständlich im Vornherein vertraut gemacht, allerdings lässt sich daheim auf der Couch schwer einschätzen, wie erbarmungslos jeder Höhenmeter ist, wenn man eine ordentlich beladene Pulka hinter sich her schleift. So war der erste Tag eine richtig zähe Nummer und wir bekamen einen Eindruck davon, was für harte Arbeit die nächste Woche auf uns wartet.
6 Tage haben wir geflucht, gezweifelt, gefroren, uns nach hause vor den Ofen gewünscht – unbeschreiblich beeindruckende Landschaft erlebt, vereiste Seen überquert, das Leben im tiefsten Winter schätzen gelernt und uns selber als die größten Helden gefeiert.
95km später fahren wir nach unserer kältesten Nacht den letzten Hügel ab, bis zur STF Saltoluokta Fjällstation, dort bleiben wir zwei Tage, bevor es wieder zurück in die Zivilisation geht.
Beeindruckend war es und unglaublich viel gelernt haben wir. Außerdem wollen wir nächstes Jahr mit all unseren neuen Erkenntnissen im Gepäck wieder losziehen.
Nicht so viel Text – wer nur schauen und nicht lesen will, hier die Fotos von Lappland Schweden 2020
Ein paar viele Fakten zur Ausrüstung:
Navigation und der heiße Draht zur Außenwelt
Karte und Kompass, sowie der Umgang damit sind unerlässlich. Als Backup und als sicherer Kontakt zur Zivilisation war das Garmin inReach Explorer+ dabei. Wir haben im vornherein wichtige Wegpunkte und Hütten hinterlegt, dazu haben wir uns die gesamte Strecke tracken lassen. Darüber hinaus besitzt das inReach Explorer+ die Möglichkeit SMS per Satellit mit Nachrichten, Livertacking und Standorten zu versenden und im größten Notfall einen SOS Knopf mit dem man Hilfe holen kann – für all diese Funktionen muss allerdings ein Vertrag abgeschlossen werden. Vielleicht ist das Gerät auf dem Kungsleden nicht unbedingt nötig, schließlich kann man hier bequem den roten Kreuzen folgen und findet auch ab und an mal ein Mobilfunknetz – aber schlussendlich war es ein gutes Gefühl jederzeit zu wissen wo man sich befindet und wenn nötig, Hilfe zu holen. Auch für die Daheimgebliebenen ist es beruhigend, einmal am Tag ein verlässliches Lebenszeichen zu bekommen.
Essen und Schneeschmelzen
Hier kommt einer der wichtigsten Ausrüstungsgegenstände der Tour zum Tragen: Der Benzinkocher – überlebensnotwendig. Denn dieser sorgt nicht nur für warmes Essen, sondern muss literweise, oder besser gesagt schaufelweise den Schnee schmelzen und läuft (oder eher brüllt) daher am Tag um die zwei Stunden.
Man muss sich absolut auf das Teil verlassen können, er muss immer anspringen und darf nicht zicken, auch wenn man selber total fertig ist und brutal kalte Hände hat – der Kocher muss der Fels in der Brandung sein.
Hier hatten wir kleine Unstimmigkeiten, mein Benzinkocher Optimus Nova und ich.
Das Ding springt an, fackelt beim Vorheizen die Apside vom Zelt nicht ab und macht einen guten Job. Mein Kritikpunkt: das Zusammenbauen, oder genauer gesagt der Anschluss von der flexiblen Benzinleitung an die Pumpe. Das verlangt ein gewisses Feingefühl, welches nach einem anstrengendem Tag schwer zu aktivieren ist. Also heißt es Durchatmen und nicht die Nerven verlieren. Wenn diese Feinarbeit aber geschafft ist, rennt das Teil als ob es kein Morgen gäbe.
Nächster Punkt: Brennstoff – den nimmt man nicht im Flieger mit! Das bedeutet eine gewissenhafte Recherche von daheim, wo es im schwedischen Outback einen Laden gibt der Reinbenzin verkauft und geöffnet hat wenn man vor Ort ist. All diese Infos findet man in einschlägigen Foren. Dort gibt es auch Empfehlungen wie viel Brennstoff man am Tag benötigt. Es ist zu viel – und das ist auch gut so! In die Verlegenheit an Brennstoff sparen zu müssen, will und darf man nicht kommen!
Das Gleiche gilt fürs Essen. Es muss reichlich vorhanden sein. Wir hatten von Trek`n Eat gefriergetrocknete Expeditionsnahrung für eine ganze Fussballmannschaft dabei – Spaß bei Seite – aber ja, es war reichlich. Das nächste Mal packe ich dazu noch mehr Riegel und Schokolade für den kleinen Unterzucker zwischendurch ein.
Zwei Töpfe von Soto waren nötig, ein kleiner Topf mit isolierender Neoprenhülle (Gold wert) und ein großer Topf für die harte Arbeit des Schneeschmelzens.
Jeder von uns hatte eine 1l isolierte Flasche und je 1 Liter normale Trinkflasche im Gepäck, immer mit heißem Tee gefüllt. Die nicht isolierte Flasche dient in der Nacht als Wärmflasche. Hier sind wir uns einig, das nächste Mal braucht es mehr Thermosflaschen für genügend heißen Tee tagsüber. Wie sich doch die Prioritäten ändern – wenn man sich über einen Teebeutel mehr freut, als über einen vollen Bierkasten.

Hassliebe – die Nacht
Wünscht man sich mehrmals am Tag, dass dieser ein Ende findet und man endlich gemütlich im Schlafsack liegt. So ist genau die Zeit in der Nacht, die Situation in der man den gegebenen Widrigkeiten im Zusammenhang mit der Qualität der eigenen Ausrüstung ausgeliefert ist. Auch hier, keine Experimente deshalb auf Bewährtes zurückgreifen.
Unsere Daunenschlafsäcke, der Mountain Equipment Iceline und der Helsport Rago x-Trem haben uns über Nacht stets warm und mollig aufgenommen. Die Coccon VBL Inletts (eingeplant für die lange Tour durch den Sarek) haben wir bewusst nicht benutzt.
Kein Schlafsack kann, was er verspricht ohne die passende Liegematte. Damit das nicht passiert, hatten wir die Down- und Synmat von Exped dabei, beide bieten beste Isolationseigenschaften im tiefsten Winter und darüber hinaus hohen Liegekomfort. Unerläßlich ist noch eine EVA-Matte für drunter, um erstens in der Mittagspause gemütlich drauf zu sitzen und zweiten als so ne Art „Lebensversicherung“, sollte die aufblasbare Matte ein Leck bekommen und somit jegliche Isolation verlieren.

Jetzt fehlt noch die Festung, das Zelt.
Das Zelt schützt vor der bösen Welt da draußen, bietet das Gefühl von Geborgenheit und ist DEIN Zuhause. Es ist Küche, Bad, Wohn- und Schlafzimmer und erinnert mit all den guten, wie schlechten Erinnerungen an die WG, damals mit Mitte 20.
Lassen wir die Ironie bei Seite. Auf sein Zelt muss man sich verlassen können. Bei so einer Tour achtet man weniger auf das Gewicht vom Zelt, hier sind andere Merkmale von großer Bedeutung.
Es geht beim Aufbauen los, das ist ein großer Kraftakt. Hat man ein hübsches Plätzchen für die Nacht gefunden, versucht man so gut wie möglich mit Hilfe der Ski an den Füßen den Untergrund zu verdichten, denn ohne Ski versinkt man schnell bis zur Hüfte in den Schneemassen. Dann wird das Zelt entweder an der Pulka oder mit einem Ski, der senkrecht im Schnee steckt schon vor dem Aufbauen gegen Wegfliegen gesichert. Je übersichtlicher das Gestänge und leichtlaufender die Gestängekanäle sind, desto schneller und einfacher ist der Aufbau. Die speziellen Schneeheringe vergräbt man im Schnee und wartet bis dies ein bisschen eingefroren sind um dann Zug auf die Zeltleinen geben zu können.
Die Festung steht, mit der Schaufel wird die Apside ausgehoben, das ist ein Mehrgewinn an Platz und Komfort. Im Winter braucht man viel Platz und ist um jeden Komfort dankbar.
Die Belüftung ist wichtig. Wie schon erwähnt, man muss unglaublich viel Schnee schmelzen. Dadurch entsteht, egal wieviel Mühe man sich auch gibt, ein Kondensationsproblem im Zelt. Die Feuchtigkeit muss durch die Ventilationsöffnungen im Zelt entweichen können. Auch bei Schneesturm sollten die Öffnungen noch arbeiten können.
Wir hatten das Helsport Lofoten x-trem 3 Camp dabei. Ein tolles Zelt, was die Anforderungen und fast alle Punkte meinen Vorstellungen erfüllt und mich darüber hinaus in Detaillösungen begeistert.
Das Lofoten x-trem trägt eine 3 in seinem Namen, stellt sich für mich aber als ein 2,5 Personenzelt dar. Am Kopf hat es ein Innenmaß von 165cm und schräg zusammen laufend sind es am Fußende noch 120cm. Es ist kein echter Kritikpunkt – die Maße stimmen, man freut sich über das Gewicht und kann daher nicht behaupten die Katze im Sack gekauft zu haben. Nur eben der 3er im Namen stört mich. Mir ist das Zelt auch für zwei Personen zu kuschlig eng und für eine längere Tour würde ich das Helsport Spitsbergen x-trem 3 wählen.
Die angenähten Schlaufen für die Heringe würde ich mir ein bisschen länger wünschen, dann hätte man mehr Spiel beim Nachspannen vom Zelt.
Der Rest ist ein Fest! Ich bin ein Fan von Tunnelzelten, beim Lofoten sind die verschieden lange Gestängebögen farblich unterschiedlich und lassen sich einfach in die innenliegenden Kanäle einfädeln. Dass bei solch einer bewährten Expeditionslinie die Belüftung stimmt, die Detaillösungen robust ausfallen und sich leicht mit Handschuhen bedienen lassen, will ich hier nicht weiter ausführen.
Begeistert bin ich über die Snowflaps ringsum. Diese machen das Zelt auch bei Sturm verhältnismäßig leise und besitzen praktische Aussparungen. So kann man ohne Aufwand die Ski senkrecht durch die Löcher in den Schnee rammen und das Zelt ist gesichert und steht. Zwei Paar Ski sparen 4x den Aufwand Schnee-Heringe einzugraben – Heringe in hüfthohem Pulverschnee zu befestigen ist kein Spaß.
Zum Schluss noch Schnee auf die Flaps geschaufelt und die wilde stürmische Nacht kann kommen.